Klosterbrauerei Reutberg
Als die Gräfin Anna von Pienzenau, Hofmarksherrin auf
Schloß Reichersbeuern, spätere Gräfin zu Carrara und
Aquilata 1618 nahe Sachsenkam einen Berg roden und
infolge eines Gelübdes ein Kloster errichten ließ, dachte sie
zuerst nicht daran, daß auch Nonnen gerne Bier statt Wasser
zum Essen trinken, insbesondere wenn diesehandwerklich
und in der Landwirtschaft tätig sein mußten. Erst fast 60
Jahre nach der Klostergründung, nämlich 1677, erbaten die
Schwestern von der kurfürstlichen Regierung eine Konzession
zur eigenen Herstellung ihres Haustrunks. Im gleichen Jahr
zu Michaeli konnte der 1. Sud endlich eingebraut werden.
Zwei Jahre später erhielt das Kloster einen Franziskaner
Laienbruder als “Frater Bräu” zur Verstärkung. Es ist
selbstverständlich, daß die Biererzeugung für den Hausbedarf
möglichst billig sein sollte. Gerste und Hopfen versuchte man
im Eigenbau zu erzeugen. Der Flurname Hopfengarten bei
Reutberg gibt davon noch heute einen deutlichen Beweis.
Im Jahre 1786 berichtet der Chronist von einem starken Zulauf
Reisender aus allen bayerischen Gauen und fernen Landen, von
entlassenen Soldaten und verarmten Volk, die sich alle eine solide Gabe
an der Klosterpforte erhofften. Den Besuchern und Gästen setzte man
nun statt des teuren Weines aus dem Süden ein Krüglein Eigengebräu
des Oberlandes vor. Was zu erwarten war, trat dann auch ein. Klagen
von den umliegenden Bierbrauern, speziell von denen aus Tölz. In
diesen Vorwürfen wird behauptet, daß das Kloster seine Konzession
mißbrauche und eine Bauernschänke unterhalte, in welcher von früh bis
spät Bier ausgeschenkt und getrunken werde. Bis zur Säkularisation
finden sich in der Chronik immer wieder Hinweise auf eine rege
Brautätigkeit durch den Frater Bräu.
Nach der Säkularisation des Klosters und dessen Wiedererrichtung im
Jahre 1835 wurde dem Kloster von König Maximilian I auch das
sogenannte fremde Braurechtverliehen. Die Qualitätsprodukte des nun
weltlichen Braumeisters wurden an der Klosterpforte verkauft und in der
sogenannten Zechund Bauernstube begeistert konsumiert. Es muß in
dieser Zeit ein gutes Gebräu gewesen sein, denn die Zecher kannten
kein Einhalten der Sperrstunde, so daß sich seine Exzellenz Erzbischof
Gregorius von Stein veranlaßt sah, den Bau einer Schänke außerhalb
der Klostermauern zu vollziehen, um dem Kloster die Einnahmen aus
dem Bierschank zu erhalten und trotzdem die klösterliche Ruhe zu
bewaren.
Im Jahre 1901 wurde die Brauerei an der heutigen Stelle für
handwerklichen Betrieb ohne Maschinen, ohne Kühlhaus, neu errichtet, so
daß nur im Winter gesotten werden konnte. Schon im Jahre 1904 waren
die Gebäude für die damalige Nachfrage zu klein geworden und
entsprachen nicht mehr den neuen technischen Anforderungen. Deshalb
überlegten die Franziskanerinnen, ob sie den Braubetrieb aufgeben
sollten. Dieser Bitte gab das Ordinariat sogar nach. Als jedoch der
Beschluß in der Bevölkerung bekannt wurde, setzte eine starke
Auflehnung gegen das Kloster ein. Es wurden Unterschriften gesammelt
und Artikel in den Zeitungen veröffentlichet. Ja man drohte dem Kloster
sogar mit dem Anzünden. Erst auf ein Bittgesuch von HH Pfarrer Gruber
aus Sachsenkam wurde der Beschluß des Ordinariats zurückgenommen
und die Schänke verpachtet. Darauf kehrte wieder Ruhe und Frieden
ein.Im Jahre 1906 wird die Brauerei neu eingerichtet und ein Kühlschiff
angeschafft. 1913 wird das elektrische Licht eingerichtet und mit der
Produktion des Flaschenbieres begonnen. Die Renovierung der Brauerei
hatte eine erhebliche Steigerung des Bierkonsums zur Folge. Aber der 1.
Weltkrieg und die Inflation setzen dem Braubetrieb auf dem Kloster
Reutberg ziemlich zu, da vorallem die notwendigen Brauereifachleute
fehlten. Der Bierabsatz sank rapide. 1924 blieb die Brauerei sogar 8
Monate geschlossen. Da kamen die Bauern der ehemaligen
Hofmarksherrschaft von Reichersbeuern, Greiling und Sachsenkam unter
Führung von HH Pfarrer Alois Daisenberger auf den Gedanken, eine
Brauereigenossenschaft zu gründen, die vor allem kostengünstigeres Bier
als alle übrigen Brauereien liefern sollte. So wurde am 23.10.1924 von
42 Genossen eine Brauereigenossenschaft mit Sitz auf dem Reutberg
gegründet. Diese nahm einen großen Aufschwung und erreichte bereits im
ersten Jahr ihres Bestehens einen Bierausstoß von 3.364 hl sowie eine
Mitgliederzahl von 150 Genossen. Fünf Jahre später in der
Weltwirtschaftskrise betrug der Jahresausstoß bereits 9.000 hl. Bis zum
Anbruch des 2. Weltkrieges produzierte die Genossenschaftsbrauerei
Reutberg bereits jährlich 12.000 hl Bier. Nach Kriegsende begann der
Betrieb seinen Wiederaufbau und konnte schon im Jahre 1950 von den
erwirtschafteten Gewinn die Weißbierbrauerei in Bad Aibling kaufen; 3
Jahre später die Liegenschaft des heutigen Reutberg-Stüberls in Bad Tölz.
Die Produktionskapazitäten hielten der hohen Nachfrage kaum mehr
stand. Man erreichte im Jahre 1968 sogar 35.000 hl Ausstoß. Das
ständige Wachsen der Brauerei macht umfangreiche bauliche
Veränderungen notwendig. Anfang der 60er Jahre entstand der neue
Lagerkeller, eine neue Leerguthalle sowie eine komplette
Flaschenabfüllanlage. 1968 begann man mit der Herstellung von
alkoholfreien Getränken, die im Jahre 1974 11.300 hl erreichten. Die
Mitgliederzahl der Brauereigenossenschaft überschritt die Zahl 2.000 und
man blickte mit Zuversicht in die Zukunft. Der damalige Spiritual des
Klosters Reutberg, Leonhard Lenz schrieb 1977 hier in unserer
Heimatzeitung in seinem Schlußwort über die Klosterbrauerei Reutberg:
“300 Jahre Klosterbrauerei Reutberg und über 50 Jahre
Genossenschaftsbrauerei Reutberg sind ein gutes Kapital für künftige
Zeiten”. Doch bereits 10 Jahre später sollte die Klosterbrauerei auf dem
Reutberg ihre Selbstständigkeit und damit einhergehend die Brautätigkeit
aufgeben. Einer Fusion mit der Nachbargenossenschaft in Holzkirchen
haben sich jedoch die Mitglieder vehement widersetzt. Mit einer neuen
Vorstandschaft, mit viel Zuversicht und mit großer Unterstützung durch
die Mitglieder und Kunden wird es möglich sein, die nun mehr als 340-
jährige Brautradition
am Reutberg zu erhalten. Das unter Verwendung ausgesuchter, bester
Rohstoffe und mit überlieferten, Jahrhunderte alten klösterlichen
Braukunst hergestellte Reutberger Bier soll es für künftige Generationen
noch geben.
Zur Freude am reinen Biergenuß und zur Liebe an unserer bayerischen
Heimat.
Kloster Reutberg